Der Bundesgerichtshof hat sich in einer Entscheidung mit den Fragen befasst, wann ein vom Mieter verschuldeter Zahlungsrückstand die ordentliche Kündigung rechtfertigen kann und ob eine
Vorschrift, die in bestimmten Fällen eine fristlose Kündigung nicht vor Ablauf einer sog. Sperrfrist erlaubt, auch auf eine ordentliche Kündigung anwendbar ist.
Der Beklagte ist seit 1972 Mieter einer Wohnung in Berlin. Die Klägerin ist durch Eigentumserwerb im Jahr 2003 in die Vermieterstellung eingetreten.
Nach dem Anschluss der Wohnung an die Fernwärme verlangte die Klägerin ab März 2008 neben der Grundmiete von 252,81 € Heizkostenvorschüsse in Höhe von monatlich 70 €. Dem Beklagten waren zu diesem
Zeitpunkt vom Jobcenter Leistungen für Heizung und Unterkunft bewilligt, wobei das Jobcenter monatlich 252,81 € direkt an die Klägerin und 50 € auf ein vom Beklagten benanntes Konto überwies. Der
Beklagte zahlte die Heizkostenvorschüsse zunächst nicht. Für Mai und Juni 2009 zahlte er am 01.07.2009 100 € und danach monatlich 50 €. Mit Anwaltsschreiben vom 05.10.2009 kündigte die Klägerin das
Mietverhältnis fristgemäß zum 31.07.2010, weil der Beklagte die Heizkostenvorauszahlungen für die Monate März 2008 bis April 2009 nicht gezahlt hatte. Der Beklagte wurde in einem Zahlungsprozess am
12.11.2009 zur Begleichung dieses Rückstands verurteilt. Er erbrachte die ausstehenden Zahlungen am 30.07.2010. Das Zahlungsurteil wurde am 15.11.2010 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 12.11.2010 kündigte die Klägerin erneut fristgemäß, weil der Beklagte zu diesem Zeitpunkt die Miete für den laufenden Monat – die gemäß Mietvertrag monatlich im Voraus, spätestens
am dritten Werktag zu entrichten ist – noch nicht gezahlt hatte.
Das Amtsgericht hat der Räumungsklage stattgegeben. Das Landgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen.
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Beklagten blieb ohne Erfolg. Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass
eine ordentliche Kündigung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB wegen Zahlungsverzugs des Mieters erfolgen darf, ohne dass die für eine fristlose Kündigung nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB erforderlichen
Mietrückstände erreicht sein müssen. Da die ordentliche Kündigung im Gegensatz zur fristlosen Kündigung dem Vermieter die Lösung vom Vertrag nur unter Beachtung der gesetzlichen oder der vereinbarten
Kündigungsfrist erlaubt, besteht kein Grund, die für die fristlose Kündigung festgesetzten Grenzen auf die ordentliche Kündigung zu übertragen. Eine zur ordentlichen Kündigung berechtigende nicht
unerhebliche Verletzung der Zahlungspflicht liegt jedoch noch nicht vor, wenn der Rückstand eine Monatsmiete nicht übersteigt und die Verzugsdauer weniger als einen Monat beträgt.
Die Kündigung der Klägerin vom 12.11.2010 war daher entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts unwirksam. Das Urteil des Berufungsgerichts erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig, weil
die Kündigung vom 05.10.2009 das Mietverhältnis wirksam beendet hat.
Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die für fristlose Kündigungen geltende Vorschrift des § 569 Abs. 3 Nr. 3 BGB, die im Falle einer rechtskräftigen Verurteilung des Mieters zur Zahlung einer
erhöhten Miete eine Kündigung wegen Zahlungsverzugs nicht vor Ablauf von zwei Monaten nach rechtskräftiger Verurteilung erlaubt, nicht auf ordentliche Kündigungen angewendet werden kann. Der Zweck
der Vorschrift besteht darin, in bestimmten Fällen eine Obdachlosigkeit des Mieters infolge einer fristlosen Kündigung zu vermeiden. Wegen der bei einer ordentlichen Kündigung einzuhaltenden
Kündigungsfrist besteht diese Gefahr jedenfalls nicht in gleichem Maße. Zudem hat der Gesetzgeber im Mietrechtsreformgesetz vom 19.06.2001 keine anderweitige Regelung getroffen, obwohl ihm die
Problematik bekannt sein musste.