Wann ist ein Sachmangel erheblich?

BGH zieht die Grenze bei 5% der Mängelbeseitigungskosten

RA Guido Matthes erläutert das Problem:

"Seit jeher besteht Streit darüber, wann ein Mangel erheblich ist und zum Rücktritt berechtigt.

 

Rechtsprechung und Literatur waren bislang zumeist davon ausgegangen, dass ein Mangel dann erheblich ist, wenn die Kosten für die Mängelbeseitigung 10 % des Kaufpreises betragen.

 

Von dieser Faustregel weicht der BGH jetzt ab und zieht die Grenze für den Regelfall schon bei 5%.

 

Die Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung, weil damit die Möglichkeit eines Rücktritts bei kleineren Mängeln früher als bisher gegeben ist."

Der Kläger begehrt von einem Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen erworbenen Neuwagen zum Preis von ca. 30.000 €. Nach der Übergabe des Fahrzeugs machte er unter anderem Fehlfunktionen der Einparkhilfe geltend. Wegen der Mängel suchte er wiederholt das Autohaus und eine andere Vertragswerkstatt auf und setzte schließlich – erfolglos – eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung. Das Autohaus teilte dem Kläger hierauf schriftlich mit, die Einparkhilfe funktioniere nach einem Nachbesserungsversuch einwandfrei und entspreche dem Stand der Technik. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und begehrt er die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung.

 

In der Pressemitteilung des BGH heißt es hierzu:

Das Landgericht hat die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hat keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens festgestellt, das Fahrzeug sei insoweit mangelhaft, als die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut seien, was dazu führe, dass die Einparkhilfe immer wieder Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgebe. Der Mangelbeseitigungsaufwand betrage gemäß dem Gutachten des Sachverständigen 1.958,85 €. Der Rücktritt sei jedoch gemäß §§ 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Mangelbeseitigungskosten zehn Prozent des Kaufpreises nicht überstiegen und die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung deshalb unerheblich, der Mangel also geringfügig sei. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte Erfolg und führte zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.

 

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel bereits dann erreicht ist, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von fünf Prozent des Kaufpreises überschreitet. Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließt, kann hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand die vorgenannte flexible Schwelle von fünf Prozent des Kaufpreises nicht übersteigt. Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle über diesen Prozentsatz hinaus ist mit dem durch den Gesetzeswortlaut und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren. Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) fünf Prozent des Kaufpreises steht im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

 

Da im vorliegenden Fall bereits für die Beseitigung der vom Berufungsgericht festgestellten Fehlfunktion der Einparkhilfe ein die oben genannte Erheblichkeitsschwelle übersteigender Aufwand in Höhe von 6,5 Prozent des Kaufpreises erforderlich ist und das Berufungsgericht keine besonderen Umstände festgestellt hat, die es rechtfertigten, den Mangel gleichwohl ausnahmsweise als unerheblich anzusehen, ist der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.

 

Urteil vom 28. Mai 2014 – VIII ZR 94/13

Nr. 087/2014 vom 28.05.2014

 

 

 

 

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