Bei der Benutzung eines entgeltpflichtigen Parkplatzes kommt ein Vertrag zwischen dem Betreiber des Parkplatzes und dem Fahrer zustande. Begründet wird dies mit dem Stichwort Sozialtypisches
Verhalten. Sozialtypisches Verhalten macht für das Zustandekommen eines Vertrages bei der Inanspruchnahme von Leistungen im modernen Massenverkehr (wie z.B. öffentliche Verkehrsmittel, Lieferung von
Gas, Wasser, Elektrizität etc.) ausnahmsweise keine Willenser-klärung erforderlich, sondern lässt bereits die faktische Inanspruchnahme ausreichen.
Das AG Heidelberg hat nun mit Urteil 16. Juni 2011, Aktenzeichen 26 C 64/11 die interessante Frage entschieden, ob auch
der Halter des Fahrzeuges für das Parkentgelt aufkommen muss, wenn nicht festgestellt werden kann, wer das Fahrzeug gefahren hat. Im Ergebnis wurde festgestellt, dass der Halter nicht für das
Parkentgelt zur Verantwortung gezogen werden kann.
Die Entscheidungsgründe:
„Die Klägerin betreibt einen für jedermann zugänglichen Parkplatz. Nach ihren dort aufgehängten allgemeinen Geschäftsbedingungen kommt mit dem Abstellen eines Pkw auf dem Parkplatz ein
Nutzungsvertrag über einen Abstellplatz zustande. Das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen HD-..., dessen Halterin die Beklagte ist, befand sich am 26.09.2010 um 21.35 Uhr ohne gültigen Parkschein
auf diesem Parkplatz. Die Klägerin begehrt nun von der Beklagten Nutzungsentgelt gemäß ihren allgemeinen Einstellbedingungen. Dies beträgt bei Parken ohne Parkschein 6,00 Euro, was dem zu zahlenden
Höchstentgelt entspricht. Des Weiteren begehrt die Klägerin eine Vertragsstrafe in Höhe von 25,00 Euro sowie Ersatz der von ihr verauslagten Gebühr für Halterauskünfte in Höhe von 5,10 Euro,
insgesamt 36,10 Euro.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten erhöhten Parkentgelts in Höhe von 36,10 Euro gegen die
Beklagte.
Ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Zahlung des erhöhten Parkentgelts einschließlich der Nebenkosten gegen die Beklagte ist nicht anzunehmen, da ein diesbezüglich erforderlicher Miet- oder
Verwahrvertrag nur mit dem jeweiligen Fahrer des abgestellten Fahrzeugs oder einem sonstigen Nutzer zustande kommt, nicht aber automatisch mit dem Halter des Fahrzeugs. Die Begründung einer
vertraglichen Verpflichtung des Fahrzeughalter durch ein entsprechendes schlüssiges oder sozialtypisches Verhalten ist im Streitfall bereits deshalb abzulehnen, weil ein diesbezügliches Verhalten des
Beklagten streitig und nicht nachweisbar ist. Eine allgemeine zivilrechtliche Halterhaftung für Parkplatzgebühren ist dem deutschen Recht fremd.
Die Klägerin war sodann im Ergebnis nicht in der Lage, den Beweis zu führen, dass ein diesbezüglicher Vertrag zwischen ihr und der Beklagten zustande gekommen ist. Eine Beweislastumkehr oder die
Anwendung der Grundsätze der sekundären Darlegungs- und Beweislast finden zugunsten der Klägerin keine Anwendung. Die Beklagte hat dargelegt, dass sie an dem vorliegenden Tag das
streitgegenständliche Fahrzeug nicht gefahren ist. Zu weiteren Auskünften war die Beklagte nicht verpflichtet.
Eine Regel dahingehend - wie die Klägerin meint -, dass der Halter eines privat auf ihn zugelassenen Fahrzeugs gewöhnlich auch der Fahrer des Fahrzeugs ist, existiert nicht. Es ist daher nicht nach
der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen, dass die Beklagte als Halterin ihres Privatfahrzeugs am 26.09.2010 mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auch die Fahrerin des Fahrzeugs war und damit
Vertragspartnerin der Klägerin. Dies ist vielmehr umfassend von der Klägerin darzulegen und zu beweisen.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten auch keinen vertraglichen sekundären Schadensersatzanspruch, da die Beklagte ihr gegenüber materiellrechtlich zu keiner weiteren Auskunft über die Nutzung des
Fahrzeugs an dem streitigen Tag verpflichtet war. Entsprechendes gilt für eine Verpflichtung zur Offenbarung der Person des entsprechendes Fahrers, Es gibt im Ergebnis keine allgemeine Rechtspflicht
für den Halter, gegenüber einem Dritten Auskunft über den Namen eines Fahrers zu geben. Die Tatsache, dass jemand Informationen besitzt, die für einen anderen bedeutsam sind, begründen grundsätzlich
keine Auskunftspflicht.
Auch eine Haftung aus § 823 I BGB scheidet aus, da die Norm ein Handeln der Beklagten persönlich voraussetzt. Weder ein eigenes Handeln noch ein Verschul-den kann der Beklagten nachgewiesen werden.
Die Beklagte hat auch nicht gegen eine Verkehrssicherungspflicht verstoßen, indem sie als Halterin das Fahrzeug möglicherweise einem Dritten als Fahrer übergeben hat.
Ein Anspruch aus § 823 II BGB i.V.m. § 25a StVG scheidet ebenfalls aus, das § 25a StVG den Ersatz von Verwaltungskosten vorsieht, wenn der Fahrer unbekannt bleibt. Diese aus dem
Ordnungswidrigkeitenrecht stammende Vorschrift ist für zivilrechtliche Ansprüche nicht anwendbar.
Die Klägerin kann die Beklagte daher weder in ihrer Eigenschaft als Nutzer oder Fahrer des Fahrzeuges noch als Fahrzeughalter in Anspruch nehmen. Insbesondere eine Halterhaftung für
Privatparkgebühren scheidet nach derzeitiger Rechtslage aus.“