Die Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall führen häufig zu Streit mit den Haftpflichtversicherern. Eine typische Einwendung ist, dass die konkreten Kosten unangemessen waren. Dem Geschädigten wird vorgeworfen, gegen seine Pflichten zur Erkundigung und zum Preisvergleich verstoßen zu haben. Er habe dadurch nicht wirtschaftlich gehandelt, sodass die Mietwagenkosten gekürzt werden. Wie der angemessene Marktpreis zu ermitteln ist, wird dabei von der Rechtsprechung uneinheitlich gehandhabt.
Zur Entscheidung:
dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel abzustellen (Modell ʺFrackeʺ). Das hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm mit Urteil vom 18.03.2016 entschieden und damit die von der obergerichtlichen Rechtsprechung - auch innerhalb des Oberlandesgerichts Hamm - bislang nicht einheitlich behandelte Streitfrage für die Rechtsprechung seines Senats beantwortet.
Der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hatte einen Verkehrsunfall zu beurteilen, der sich im August 2014 in Bielefeld ereignet hatte. Bei der Bemessung der Schadenshöhe hatte der Senat zu beurteilen, ob die in dieser Schadenssumme enthaltenen Mietwagenkosten gerechtfertigt waren.
Der Kläger habe, so der Senat zu der Schadensposition der Mietwagenkosten, nicht konkret nachgewiesen, dass er beim Anmieten des genutzten Ersatzfahrzeugs dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügt habe. Sein diesbezüglicher Schaden sei deswegen nach dem angemessenen Normaltarif zu schätzen, wobei es darauf ankomme, zu welchen Konditionen der Kläger einen Mietwagen erlangt hätte, wenn er dem Wirtschaftlichkeitsgebot entsprochen hätte. Bei der hier gebotenen Schätzung könne der Tatrichter auf die Marktpreiserhebungen nach der ʺSchwacke-Listeʺ oder nach dem Fraunhofer-Marktpreisspiegel zurückgreifen.
Beide Marktpreiserhebungen seien nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, die dieser insoweit als nicht weiter klärungsbedürftig ansehe, grundsätzlich geeignete Schätzungsgrundlagen. Bei der obergerichtlich umstrittenen Frage, auf welche Marktpreiserhebung abzustellen sei, bevorzuge der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm die Mittelwertlösung ʺFrackeʺ. Die unterschiedlichen Erhebungsmethoden beider Auswertungen, die Erhebung des Fraunhofer Instituts beruhe im Wesentlichen auf einer anonymen Internetabfrage, die Schwacke-Erhebung auf einer nicht anonymisierten, aber örtlich genaueren Anbieterabfrage, hätten Vor- und Nachteile, die es dem Senat als sachgerecht erscheinen ließen, keine der Listen isoliert heranzuziehen, sondern auf ihren Mittelwert abzustellen.
Urteil des 9. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 18.03.2016 (9 U 142/15); Auszug der Pressemitteilung v. 15.04.2016