Eine Besonderheit des Sozialrechts ist der Überprüfungsantrag. Wenn die Widerspruchsfrist von einem Monat nach Bekanntgabe gegen einen vom Jobcenter oder einer anderer Leistungsbehörde erlassenen Bescheid (Verwaltungsakt) abgelaufen ist, wird dieser nach § 77 SGG bestandskräftig und damit unanfechtbar. Ein Widerspruch oder eine Klage gegen den Bescheid sind dann nicht mehr möglich.
Der Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bietet im Sozialrecht die Möglichkeit, einen nicht rechtskonform erlassenen Verwaltungsakt erneut überprüfen zu lassen, wenn die Widerspruchsfrist abgelaufen ist. Voraussetzung ist, dass bei Erlass eines Bescheides von einem Tatsachenfehler ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist oder das Recht unrichtig angewandt wurde und deshalb Sozialleistungen im Einzelfall zu Unrecht nicht erbracht wurden.
Den Überprüfungsantrag kann jeder Betroffene eines erlassenen Verwaltungsakts selber stellen. Durch einen Überprüfungsantrages wird ein neues Verwaltungsverfahren eingeleitet. Ein erfolgreicher Überprüfungsantrag bedeutet für den Betroffenen, dass der beanstandete Verwaltungsakt zurückgenommen und eine neue Entscheidung getroffen wird.
Der Überprüfungsantrag ist formfrei möglich, ein schriftlicher Antrag aber dringend zu empfehlen. Er muss direkt an die Stelle bzw. das Jobcenter geschickt werden, die den zu beanstandenden Verwaltungsakt zuvor erlassen hat. Machen Sie eine Kopie des Antrages und lassen Sie sich den Eingang bestätigen oder bewahren Sie den Faxbericht/Einlieferungsbeleg auf.
Der Betroffene sollte in seiner Begründung zum gestellten Überprüfungsantrag klar hervorbringen, mit welcher Entscheidung oder mit welchem Erlass er nicht einverstanden ist.
Beachten Sie, dass die zuständige Behörde sich bei seiner Überprüfung nicht nur auf die vorgebrachten Einwände beschränken muss. Denn mit einem Überprüfungsantrag wird der gesamte Verwaltungsakt auf seine Richtigkeit überprüft. Da dabei das aktuell herrschende Recht Anwendung findet, können dem Betroffenen u.U. auch Nachteile entstehen. Es macht daher Sinn, sich vorher über das geltende Recht zu erkundigen.
Grundsätzlich liegt die Höchstgrenze für den Zeitraum, für den man rückwirkende Leistungen geltend machen kann bei 4 Jahren. Für Betroffene, die ihre Leistungen im Rahmen von Hartz IV (SGB II) oder Sozialhilfe (SGB XII) beziehen, gilt eine Ein-Jahresfrist.
Reicht ein Betroffener einen Überprüfungsantrag ein, hat das zuständige Jobcenter sechs Monate Zeit zur Entscheidung. Ist dieser Zeitraum erfolglos verstrichen, kann der Betroffene beim Sozialgericht schriftlich oder persönlich zu Protokoll eine sog. Untätigkeitsklage erheben.
Sollte der Überprüfungsantrag abgelehnt werden, so kann der Betroffene gegen die Ablehnung Widerspruch einlegen. Im Ablehnungsbescheid wird auf die dann geltenden Rechtsbestimmungen hingewiesen. Der Betroffen sollte dabei besonders auf die Widerspruchsfristen achten und diese einhalten.
Bevor Sie sich anwaltlich zu einem Überprüfungsantrag beraten lassen, sollten Sie bei Ihrem zuständigen Amtsgericht um einen Beratungshilfeschein bitten. Da dieser für Überprüfungsanträge leider teilweise nicht gewährt wird, sollten Sie die Kostenübernahme vorab klären.