Die Rechte von Flugreisenden bei Nichtbeförderung sowie bei Stornierung oder Verspätung von Flügen werden in der Fluggastrechteverordnung Verordnung (EG) Nr. 261/2004 vom 11. Februar 2004
geregelt. Die Auslegung dieser Regelungen ist vielfach umstritten, so wie in einem aktuell durch den Bundesgerichtshof entschiedenen Fall:
Der Kläger verlangt von dem beklagten Luftfahrtunternehmen die Leistung einer Ausgleichszahlung nach der Fluggastrechteverordnung in Höhe von jeweils 600,– Euro wegen Nichtbeförderung sowie Ersatz
der Mehraufwendungen für Unterkunft und Verpflegung, die wegen der erst am Folgetag möglichen Beförderung entstanden sind. Die Reisenden buchten über ein Reisebüro eine Flugpauschalreise nach
Curaçao. Der Hinflug von München über Amsterdam nach Curaçao am 7. Februar 2009 sollte von der Beklagten durchgeführt werden. Die Reisenden erhielten bereits bei der Abfertigung in München die
Bordkarten für den Anschlussflug. Die Ankunft des Zubringerflugs in Amsterdam war für 11.15 Uhr vorgesehen. Der Weiterflug sollte um 12.05 Uhr erfolgen. Tatsächlich kam der Zubringerflug erst um
11.35 Uhr an. Die Reisenden trafen zwar noch innerhalb der Einstiegszeit am Flugsteig des Anschlussfluges ein. Ihnen wurde jedoch die Mitnahme verweigert, weil ihr Gepäck noch nicht in das Flugzeug
nach Curaçao umgeladen sei. Die Reisenden wurden daher erst am Folgetag gegen 14.00 Uhr nach Curaçao geflogen.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers ist erfolglos geblieben. Der unter anderem für das Reiserecht zuständige X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das
Berufungsurteil aufgehoben, die Beklagte zu einer Ausgleichszahlung von 600 € je Reisenden verurteilt und im Übrigen die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war es für die Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung ausreichend, dass die Reisenden mit ihrem Reisegepäck schon beim Abflug des Zubringerfluges
rechtzeitig für beide Flüge abgefertigt wurden. Bei einer solchen Verfahrensweise ist es nicht mehr erforderlich, dass die Reisenden 45 Minuten vor Abflug des Anschlussfluges noch einmal einchecken
oder bis dahin auch nur ihre Bereitschaft für den Weiterflug zeigen. Es reicht aus, dass sie sich wie im Streitfall noch vor dem Ende des Einstiegsvorgangs am Flugsteig einfinden, um das Flugzeug zu
besteigen. In diesem Falle kann der Weiterflug auch nicht aus dem Grunde verweigert werden, dass ihr Fluggepäck nicht auf demselben Flug mit befördert werden kann. Gemäß Nr. 5.3 des Anhangs I der
Verordnung (EG) Nr. 300/2008 vom 11. März 2008 stellt der vom jeweiligen Reisenden unbegleitete Transport von Reisegepäck nur dann ein Sicherheitsrisiko dar, wenn der Reisende darauf Einfluss nehmen
konnte. Dies ist nicht der Fall, wenn wie im Streitfall nur die Reisenden den Anschlussflug noch erreichen konnten, das bereits durchgecheckte Reisegepäck aber nicht; Urteil vom 28. August 2012 - X
ZR 128/11.
Durch die Entscheidung wurde weitere Klarheit im Fluggastrecht geschaffen. Die Rechtsprechung der Instanzgerichte war bislang widersprüchlich und jede Forderung der Reisenden mit einem erheblichen
Risiko verbunden. Fluggesellschaften werden sich zukünftig nicht mit der Argumentation Sicherheitsrisiko entlasten können.
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